Ein Hinweis vorweg.
Ich empfehle den ganzen Beitrag zu lesen und zu verstehen, da er davor bewahrt in die gängigen Fallen zu tappen. Allerdings ist er sehr theoretisch und daher nicht für jedermann geeignet oder zugänglich. Eine Zusammenfassung befindet sich am Ende.
Zuallererst sollte man wissen, aus welchen sogenannten Makronährstoffen (Makros) unsere Nahrung besteht.
Die drei größten Gruppen sind Kohlenhydrate, Fette und Proteine. Eine vierte Gruppe wären Alkohole, u.a. längerkettige Alkohole (Polyole), die wir auch als Süßstoffe kennen. DIese werden jedoch in einem späteren Beitrag genauer betrachtet.
Kohlenhydrate
Diese werden anhand ihrer Kettenlänge eingeteilt. Monosaccharide / Einfachzucker (Glukose und Fructose), Disaccharide / Zweifachzucker (z.B. Kristall- oder Milchzucker), Oligosaccharide / Mehrfachzucker (z.B Raffinose in Hülsenfrüchten) und Polysaccharide / Vielfachzucker (z.B. Stärke).
Warum ist das für den ketogenen Lebensstil überhaupt wichtig? Ganz einfach: Egal welche Art Kohlenhydrat wir zu uns nehmen, sei es ein Zuckerbonbon mit hohem Zweifachzuckeranteil, oder eine Kartoffel, die hauptsächlich aus Stärke, einem Vielfachzucker besteht, unser Körper bricht diese Zuckerketten in Einfachzucker auf und verstoffwechselt diese dann. Und dieser Zuckerstoffwechsel unterbricht wiederum unsere angestrebte Ketose. Daher sollte man in der Keto höchstens 30g Netcarbs (verwertbare Kohlehydrate) über den Tag verteilt zu sich nehmen. (Dazu mehr in einem späteren Beitrag.)
Fette
Fette, oder auch Triglyceride, sind die Hauptenergiequelle in der ketogenen Ernährung und damit von enormer Bedeutung. Diese bestehen aus Glycerin (einem Alkohol) und drei Fettsäuren. Diese Fettsäuren werden wiederum in gesättigte und ungesättigte Fettsäuren unterschieden.
Ungesättigte Fettsäuren können je nach Struktur einfach oder mehrfach ungesättigt sein. Warum ist das nun wieder wichtig? Ungesättigte Fettsäuren können aufgrund ihrer Eigenschaften sogenannte freie Radikale im Körper binden und helfen so unsere Zellen und deren DNA gesund zu halten. Damit hemmen sie die Zellalterung und helfen dabei Krebs vorzubeugen.
Ungesättigte Fettsäuren sind vor allem in Fisch, Nüssen und pflanzlichen Ölen enthalten.
Proteine
Proteine sind langkettige Moleküle, die wiederum aus Aminosäuren aufgebaut sind. Diese wiederum werden in essenzielle und nicht essenzielle unterschieden. Die sogenannten essenziellen Aminosäuren können vom Körper nicht selbst gebildet werden und müssen durch die Nahrung aufgenommen werden.
Proteine sind für den Erhalt des Körpers ungeheuer wichtig, da sie:
- an der Bildung von Antikörpern beteiligt sind und so Infektionen bekämpfen
- Grundlage für unsere Körperstruktur sind, also u.a. an der Bildung von Haut, Nägeln, Muskeln, Sehnen und Knochen beteiligt sind
- den Stoffumsatz ermöglichen und u.a. an der Bildung von Enzymen, Hormonen und weiteren Regulationsprozessen beteiligt sind
- als Reservestoff fungieren können, d.h. im Hungerzustand als Energielieferant benutzt werden
Aus diesen Gründen ist eine ausreichende Proteinzufuhr unbedingt notwendig um unseren Körper gesund zu erhalten und einen Trainingserfolg beim Sport zu gewährleisten.
Dummerweise gibt es nur ein Problem. Wird Protein als Energieträger verstoffwechselt geschieht das insulinabhängig, d.h. die Bildung von Ketokörpern wird unterbrochen und damit auch der in der Keto angestrebte Fettstoffwechsel.
Mist.
Wie also verhindert man bei der ketogenen Ernährung den potenziell negativen Effekt von Protein auf den Energiestoffwechsel?
Ganz einfach. Wird der Körper mit ausreichend Fett versorgt, dass zur Energiegewinnung genutzt werden kann und besteht kein Überangebot an Protein wird Fett als Energieträger benutzt und die Ketose nicht unterbrochen.
Makroverteilung in der Keto
Wie bereits erwähnt sollte der Kohlenhydratanteil der Nahrung möglichst niedrig gehalten werden. Ein Anstieg des Blutzuckerspigels ist jedoch individuell und kann nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden. So sind Faktoren wie Alter, Geschlecht, ethnische Herkunft und Krankheitsgeschichte (z.B. Diabetes melitus) ausschlaggebend dafür, welche Menge an Kohlenhydraten die Ketose unterbrechen und zu einem Anstieg des Insulinspiegels führen.
Das heißt es gibt Menschen, die ohne weiteres 50g Kohlenhydrate am Tag essen können ohne aus der Ketose zu fliegen, wohingegen andere bereits bei 30g einen Insulinanstig verzeichnen.
Um den individuellen Schwellenwert zu bestimmen empfiehlt sich also ein Ketonmessgerät anzuschaffen und den Ketongehalt des Blutes selbst zu bestimmen.
Die Zufuhr von Proteinen ist allerdings etwas komplizierter.
Zuerst muss man die eigene fettfreie Körpermasse bestimmen. Das tut man, indem man zuerst den Körperfettwert ermittelt und diesen dann vom Gesamtkörpergewicht abzieht.
Dafür gibt es viele Methoden mit unterschiedlicher Genauigkeit und unterschiedlichem Aufwand. Außerdem mit SEHR unterschiedlichem Kostenaufwand. Ich persönlich empfehle die Caliper Messmethode, genauer die 7-Falten-Formel nach Jackson & Pollock. Von den gängigen Körperfettwagen ist abzuraten, da diese nur den elektrischen Wiederstand in den Beinen messen und somit sehr ungenau sind.
Hat man nun seine fettfreie Körpermasse ermittelt, ist es wichtig, wie stark die körperlich Belastung über den Tag verteilt ausfällt.
Bei leichter körperlicher Belastung, also z.B. Bürotätigkeit und ohne Krafttraining genügt ein Proteinanteil von 1,3 – 1,8g pro Kilogramm fettfreier Körpermasse.
Bei mittlerer körperlicher Belastung, also z.B. stehende und gehende Tätigkeiten, dazu 2 bis 3 mal die Woche Krafttraining liegt der Bedarf schon bei 1,8 – 2,2g.
Und bei hoher körperlicher Belastung, also körperlich aktiver Beruf, z.B. Fahrradkurier oder Bauarbeiter und bei einem Trainingspensum von 4 – 6 mal die Woche Krafttraining liegt der Proteinbedarf bereits bei 2,2 – 2,6g / kg fettreier Körpermasse.
Achtung: Ein zu hoher Proteingehalt in der Nahrung kann wiederum dazu führen, dass bei zu geringer Fettaufnahme der Fettstoffwechsel eingestellt wird und Proteine insulinabhängig verstoffwechselt werden. Um den persönlichen Schwellenwert zu ermitteln empfiehlt sich wieder die Anschaffung eines Ketonmessgerätes.
Nachdem nun also der angestrebte Anteil von Kohlenhydraten in der Nahrung ermittelt und der Proteinbedarf des Körpers errechnet wurde, werden die übrigen Kalorien des Leistungsumsatzes mit Fetten aufgefüllt.
Zusammenfassung
Bei der ketogenen Diät wird angestrebt den Anteil der zugeführten Kohlenhydrate auf ein Minimum zu beschränken. Dabei sollte der Netcarbwert für den gesamten Tag nicht höher als 30g liegen.
Der Anteil der zugeführten Proteine sollte über den Tag verteilt zwischen 1,3 – 2,6g pro Kilogramm fettfreier Körpermasse ausmachen.
Der übrige Kalorienbedarf des Tages wird über Fette gedeckt, wobei darauf zu achten ist möglichst hochwertige Fette zu sich zu nehmen.
Sehr wichtig:
Vor Beginn einer Ernährungsumstellung sollte ein Arzt konsultiert werden, ob die eigene körperliche Verfassung diese zulässt.
Quellen:
Donald Voet, Judith G. Voet: Biochemistry, 4th Edition. John Wiley & Sons, 2010
H. Pardun: Analyse der Nahrungsfette. Paul Parey Verlag, Berlin/ Hamburg 1976
W. Christie: Lipid Analysis. 2. Auflage. Pergamon Press, Oxford UK 1982
D. Harman: Aging: a theory based on free radical and radiation chemistry. In: Journal of Gerontology 11, 1956, S. 298–300
Jeremy M. Berg, John L. Tymoczko, Gregory J. Gatto jr., Lubert Stryer: Stryer Biochemie. 8. Auflage. Springer Spektrum, Berlin / Heidelberg 2018
Friedrich Lottspeich, Joachim W. Engels (Hrsg.): Bioanalytik. 3. Auflage. Springer Spektrum, Berlin / Heidelberg 2012
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1038/oby.2008.678
https://www.nature.com/articles/s41387-018-0048-7